Die Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter

Die Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter

Die Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter

Einleitung:
Der erste Absatz des § 1595 BGB besagt, dass es für die Vaterschaftsanerkennung der Zustimmung der Mutter bedarf. Die Vaterschaftsanerkennung ist demgemäß zustimmungsbedürftig. § 1595 BGB bezieht sich auf die Norm des § 1592 BGB, nach welcher unter anderem derjenige Mann, der die Vaterschaft eines Kindes anerkannt hat, im rechtlichen Sinne Vater dieses Kindes ist. Problematisch wird die Aussage des § 1595 Abs. 1 BGB jedoch dann, wenn die Mutter des Kindes bereits verstorben ist und so keine Zustimmung mehr erteilen kann. Was in einem solchen Fall gilt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Beschluss erläutert.

Sachverhalt:
Die Antragstellerin begehrte vor dem Standesamt die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung im Geburtenregister. Bisher war für diese kein Vater im Geburtenregister eingetragen worden. Nach dem Tod der Mutter der Antragstellerin erkannte der mögliche Vater der Antragstellerin durch eine notarielle Urkunde die Vaterschaft an und die Antragstellerin erteilte durch eine notarielle Urkunde ihre Einwilligung in die Vaterschaftsanerkennung. Das Standesamt zweifelte jedoch, aufgrund der Regelung des § 1595 Abs. 1 BGB, die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung an. Der mögliche Vater war nach Ansicht des Amtsgerichts Schweinfurt nicht in das Geburtenregister einzutragen.

OLG Bamberg:
Auch das OLG Bamberg sah eine Anerkennung der Vaterschaft als nicht gegeben an. Explizit der Regierungsentwurf zum Kindschaftsrechtsreformgesetz verdeutliche, dass eine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter nicht mehr durchgeführt werden solle. In einem solchen Fall sei viel eher ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren geboten. Der Sinn und Zweck des § 1595 BGB läge in der Statuswahrheit. Ein Kind habe ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Kenntnis der eigenen biologisch-genetischen Abstammung. Bei einer Vaterschaftsanerkennung, bei der die biologische Vaterschaft nicht überprüft werde, biete die Zustimmung der Mutter eine – wenn auch eingeschränkte – Gewähr für die biologische Richtigkeit der Anerkennung. Könne die Statuswahrheit durch die Mutter – aufgrund Versterbens – nicht mehr gewährleistet werden, greife gegebenenfalls das Adoptionsrecht.

BGH:Interessanterweise ist der BGH der Ansicht, dass diese Ausführungen rechtlicher Nachprüfung nicht standhalten und beschloss, dass das Standesamt die Eintragung des Vaters in das Geburtenregister vorzunehmen habe. Zwar sei es in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob das Zustimmungserfordernis auch dann noch gelte, wenn die Mutter bereits verstorben sei, jedoch genüge nach Ansichten des BGH für die wirksame Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter die Zustimmung des Kindes nach § 1595 Abs. 2 BGB oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes nach § 1596 Abs. 2 S. 1 BGB.

Der Sinn und Zweck des § 1595 Abs. 1 BGB läge gerade nicht in der Statuswahrheit, sondern in der Stärkung der Rechtsstellung der Mutter bei der Anerkennung der Vaterschaft, durch die Einräumung eines eigenen Zustimmungsrechts. Mit dem Tod der Mutter wirke sich die Anerkennung der Vaterschaft nicht mehr auf ihre Rechtsstellung aus, sodass der Zweck des Zustimmungserfordernisses und das Zustimmungserfordernis selbst entfielen. Es gehe in dem vorliegenden Fall auch nicht um die – eventuell anders gelagerte – Ersetzung der Zustimmung der Mutter, sondern um die Frage, ob der Tod der Mutter das Zustimmungserfordernis entfallen ließe. Bis zum Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes sei eine Anerkennung der Vaterschaft auch nach dem Tod der Mutter möglich gewesen; dass der Gesetzgeber diese Rechtslage durch die Einführung des § 1595 Abs. 1 BGB ändern wollte, sei nicht erkennbar. Auch biete die Zustimmung des Kindes eine gewisse Gewähr für die biologische Abstammung und somit eine hinreichende Wahrung der Statuswahrheit. Der Gesetzgeber räume der Gewährung der Statuswahrheit zudem keinen unbedingten Vorrang ein. Fehlerhafte Vater-Kind-Zuordnungen seien im deutsche Abstammungsrecht, ob der Möglichkeit einer Anfechtung, kein Problem. Somit gilt nach Ansichten des BGH:

„Ist die Mutter bereits verstorben und kann sie daher nicht mehr darüber entscheiden, ob sie die Zustimmung erteilt oder ablehnt, wird zur Wirksamkeit der Anerkennungserklärung die Zustimmung des Kindes nach § 1595 Abs. 2 BGB erforderlich.“ (Rn. 21)

Explizit das Kind habe nach dem Tod der Mutter ein Interesse an einer effizienten und zeitnahen Vaterschaftsanerkennung, unabhängig von der biologischen Abstammung. Weiterhin könne eine Zustimmung durch das Kind oder dessen gesetzlichen Vertreter jederzeit verweigert werden.

 

Quelle: BGH, Beschl. v. 30.08.2023 – XII ZB 48/23

Relevante Norm:

§ 1595 BGB – Zustimmungsbedürftigkeit der Anerkennung
(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter.
(2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht.
(3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

Header: ©AdobeStock: Ingo Bartussek, Beitragsbild: Andrii Yalanskyi

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